„Wir beliefern so gut wie alle Elektrolyseurhersteller“

15.10.2024

H₂News: Herr Leibel, wie lange ist die GKD Group schon im Elektrolyse-Geschäft tätig?

Dirk Leibel: In der Chloralkali-Elektrolyse ist die GKD Group schon sehr lange aktiv. In den letzten Jahren haben wir dann einen regelrechten Boom verzeichnet, weil das Interesse an grünem Wasserstoff so stark angestiegen ist. Wir sehen hier einen neuen, weltweiten Markt. Mittlerweile beliefern wir so gut wie alle Elektrolyseurhersteller auf der Welt.

H₂News: Was genau bietet GKD im Wasserstoffsegment an?

Leibel: Wir liefern sowohl Material für die Anode als auch für die Kathode, beschichtet oder unbeschichtet. Dabei bedienen wir neben der alkalinen Elektrolyse auch die AEM- und die SOEC-Technologie.

H₂News: Mit anderen Worten, alles außer PEM?

Leibel: Genau, weil dort Edelmetalle wie Iridium, Platin und Titanium verwendet werden. Wir forschen derzeit auch an Lösungen für PEM-Beschichtungen, aber aktuell liegt der Fokus klar auf den anderen Technologien. Vor allem bei der alkalischen Elektrolyse sehen wir eine hohe Nachfrage. Es ist ja auch eine sehr robuste Technologie, die schon lange auf dem Markt ist und bei der es bereits Anlagen im Gigawatt-Bereich gibt.

H₂News: Verwenden Sie für jeden Elektrolyseurtypus ein anderes Elektrodengewebe?

Leibel: Genau, das ist ganz unterschiedlich. Die alkalische Elektrolyse braucht Medien mit hohen Oberflächen und nutzt Nickel als Grundmaterial. Bei der SOEC ist unser Gewebe gar keine Elektrode, sondern ein elektrischer Verteiler aus extrem dünnen Nickel-Gewebe. Und für die AEM gibt es eine ganz neue Technologie, aber da sind wir noch in der Vorentwicklung von Medien, die als poröse Transporterschichten (PTL) genutzt werden können.

Unterschiedliche Gewebearten (© GKD Group)

H₂News: Kann man Elektroden als Schlüsselkomponente von Elektrolyseuren bezeichnen?

Leibel: Ja, die Elektrode ist das Herz. Die Effizienz eines Elektrolyseurs steht und fällt damit, was die Elektroden leisten. Der zweite wichtige Faktor ist die katalytische Beschichtung der Elektrode, aber dafür arbeiten wir mit einem Partner zusammen – wenn die Elektrolyseur-Hersteller die Beschichtung nicht selbst übernehmen. Aber die Elektrode ist schon eine der Kernkomponenten.

H₂News: Lässt sich das in Zahlen ausdrücken?

Leibel: Als Faustregel gilt: Für 5 MW Leistung benötigen Sie rund 1.000 m² Elektrodenmaterial. Für einen Elektrolyseur mit 1 GW Kapazität braucht man also etwa 200.000 m². Der Bedarf steigt damit sehr schnell an – das vergessen viele. Wenn Fördermittel vergeben werden, dann meist an die Hersteller von Elektrolyseuren. Aber die Lieferketten müssen genauso gefördert werden. Wir investieren schon lange selbständig in diesem Bereich. Damit sind wir bereit, wenn der globale Markt richtig anzieht.

H₂News: In den USA gilt, dass 55 % der geförderten Produkte dort hergestellt sein müssen – Build American, Purchase American.

Leibel: Ja, das ist ein guter Ansatz. Wir riskieren neue Abhängigkeiten, wenn wir ausländische Unternehmen fördern. Natürlich müssen wir uns dem ausländischen Wettbewerb stellen und können das auch. Aber es muss auf einem fairen und vergleichbaren Level erfolgen. Daher sollte sich die EU auch mal überlegen, eigene Lieferketten zu fördern – Build European, Purchase European. Das wäre eine Win-win-Situation.

H₂News: Welche Funktion erfüllen Ihre Elektrodengewebe in Elektroden?

Leibel: Sie leiten den Strom durch die Elektrode und transportieren gleichzeitig die entstehenden Wasserstoffblasen ab. Deswegen bestehen sie meist aus dem sehr leitfähigen Material Nickel. Wichtig ist auch, dass sie über große Oberflächen verfügen, um einen optimalen Kontakt zu den Membranen herzustellen. Generell sollten die Gewebe daher möglichst groß sein, also zwischen 1,5 und 2 Meter. Die wichtigsten Faktoren sind Porosität und Oberfläche. Deswegen eignen sich Gewebe auch so gut als Elektrodenmaterial.

H₂News: Ist Nickel eigentlich ein nachhaltiges Material?

Leibel: Es gibt im Moment keine Engpässe – überhaupt nicht vergleichbar mit Iridium oder Titan. Die PEM hat da wirklich ein Problem, weil die Kosten in dem Bereich nicht sinken, sondern aufgrund der Knappheit eher steigen. Was die Nachhaltigkeit betrifft, spricht für das Material, dass es recycelt werden kann und langlebig ist. Aber wie bei anderen kritischen Rohstoffen kommt es auch hier vor allem auf die Einhaltung von ESG-Faktoren bei der Gewinnung im Bergbau an.

H₂News: Arbeiten Sie die mit Elektrolyseur-Herstellern weiterhin an der Optimierung Ihrer Gewebe?

Leibel: Auf jeden Fall. Das Ergebnis solch einer Zusammenarbeit ist zum Beispiel unser TELA Gewebe, das für eine verbesserte Performance im Vergleich zu anderen Medien sorgt. Allerdings befinden sich die meisten Hersteller gerade in der Scale-up-Phase und reduzieren Kapazitäten in F&E, um die bestehenden Systeme zu optimieren und in die Serienfertigung zu überführen. Neue Gewebe verkaufen wir insbesondere an neue Player, aber bei den bestehenden ist es schwieriger, weil die Systeme feststehen. Bei einer zweiten oder dritten Produktgeneration kann es dann ein Update geben. Wir arbeiten daher mit Universitäten zusammen, um die Performance neuer Systeme zu prüfen. Wenn wir zum Beispiel eine neue Oberflächenstruktur für eine höhere Wasserstoffausbeute entwickeln, können wir das mit Partnern aus der Forschung nachweisen.

Vergleich aller getesteten Materialien (© GKD Group)

H₂News: Elektroden sind zugleich die Elektrolyseur-Komponente, die am schnellsten ersetzt werden muss.

Leibel: Ja, im Durchschnitt alle acht Jahre.

H₂News: Können die Materialien auch recycelt werden?

Leibel: Ja, das ist ein sehr großer Markt – ähnlich wie bei Batterien. Nickel lässt sich rückgewinnen und wieder einschmelzen. Dann kann es neuen Verwendungen zugeführt werden.

H₂News: Was ist denn die Herausforderung bei der Herstellung von Elektrodengeweben?

Leibel: Die konstante Reproduzierbarkeit. Wir müssen ja dafür sorgen, dass wir immer eine konstant hohe Qualität haben. Es kann nicht sein, dass mal eine Masche größer ist oder ein Draht dicker als ein anderer. Dafür brauchen wir Maschinen, die Elektrodengewebe in Serie fertigen können. Zugleich muss man Materialien finden, die in großen Mengen reproduzierbar sind – und dafür brauchen wir geeignete Lieferketten.

H₂News: Was glauben Sie, wie sich der Markt für Wasserstoff in Zukunft entwickelt?

Leibel: Wir denken, dass der Auftragseingang ab Mitte 2025 deutlich zunehmen wird. Noch wichtiger als der Auftragseingang ist aber die Realisierung. Wir denken, dass wir in ein bis zwei Jahren in den großen Scale-up kommen, wenn die Produktionsprozesse industrialisiert sind und die ersten Gigafactorys für Elektrolyseure den Betrieb aufnehmen.

H₂News: Herr Leibel, vielen Dank für das Gespräch!

 

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